Wie wir sind, haben wir unseren Eltern abgeschaut.
Wird man erwachsen erkennt man - Kinder sind sehr schlau!
Kinder schauen hinter die Kulissen, erkennen und wenn es gefällt, imitieren sie.
Mein Kind ist mein Spiegel. Schaue ich meinem Kind zu, kann ich mich in seinen Handlungen, seiner Ausdrucksweise und seinem Verhalten erkennen.
Das bemerkt man vielleicht nicht sofort im ersten Moment und manchmal wird
es einem nie bewusst.
Das Kind wird erwachsen, die Eltern verlieren die Vorbildfunktion, weil ihre
Schwächen vom Kind erkannt werden.
Andere Menschen sehen die Jugendlichen als fehlerfrei und nun werden diese
imitiert. Nicht unbedingt gewollt. Sondern deshalb, weil dieser Mensch etwas hat,
was man selbst nicht besitzt. Man bewundert ihn, wäre gerne auch so. Also kopieren,
dann wirkt man gleich – denkt er oder sie. Doch eine Kopie wird niemals das Original.
Dann bekommen diese jungen Menschen ebenfalls Kinder und das Spiel geht von
vorne los. Performance – die Show des Lebens …
Heute bin ich - ich selbst.
Mit allem, was mir an mir gefällt und auch nicht gefällt. Denn das bin ich, macht
mich aus, macht mich authentisch. Wie ich das verändern konnte? Durch meine
Lernzeit zur Heilerin. Nicht gleich an ersten Tag, oh nein, so schnell ging das nicht.
Ich hatte ein zu gut entwickeltes Ego, das hat mich ausgebremst. Meine Veränderung
war viel subtiler, denn meine Ausbildung zog sich über viele Jahre hinweg. Die Reifung
zur Heilerin an sich war nebensächlich für mich. Ich hatte ja einen mich ausfüllenden
Beruf. Mir ging es eher darum, mich wahrhaft kennenzulernen. Und das hat mir Renée ermöglicht.
Wir alle spielen oder spielten mal mehr, mal weniger dieses Spiel, auch wenn wir es
nicht wahrhaben wollen. Oft sind Neid und Geltungssucht dabei, ein Zeichen von mangelndem Selbstwert. Die Stärkung des kindlichen Selbstbewusstseins wurde zu
wenig gefördert.
Kaum jemand lässt dieses Spiel »Nachahmung« aus.
Auch ich habe es nicht ausgelassen, mehr zu scheinen als zu sein. Ist mir zwar nicht angenehm, das zu schreiben, aber ich stehe dazu. Denn ich bekam die Chance, mich
zu verändern. Und diese Chance wünsche ich allen, die dieses hier lesen.
Neugier war das, was in mir schlummerte. Das Wissen, das da etwas in mir war,
was entdeckt werden wollte. Etwas, das ich nicht orten konnte. Seit ich denken kann,
fühlte ich mich anders. Nicht als jemand Besonderes, ich war einfach anders.
Vielleicht weil ich anders dachte, handelte und aussah.
Ich erinnere mich gut.
Es war im dritten Jahr, als meine liebe Lehrerin Renée Bonanomi
(am 19.Juni 2022 hat sie diese Welt für immer verlassen) mich zu Beginn des
Semesters fragte: »Dagmar sag mir, warum bist du hier?«
Ich sehe immer noch ihr liebes, stilles Lächeln. Im ersten Moment wollte ich eine
flapsige Antwort geben, mir fiel keine ein. Dann kam ganz, ganz tief aus meinem
Herzen: »weil ich wissen will, wer ich wirklich bin« und dann kullerten die Tränen.
Ich war so unglaublich erleichtert, ich hatte das Ziel meines Lebens erkannt …
Ich glaube, das war der Augenblick der Selbsterkenntnis.
Der Wahrheit und ehrlichsten Ehrlichkeit über mich selbst. Und das, was ich ab
diesem Moment in mir kennengelernt und was ich im Laufe der restlichen Ausbildung entdeckt habe, gefiel mir. Natürlich nicht alles, auch ich habe meinen Keller.
Doch der gehört auch zu mir, ich nehme ihn an. Ab und zu räume ich dort auf, es gibt
noch viel zu tun. Aber der Moment muss passen, dazu muss ich gut gefestigt sein.
Es ist nun nicht so, dass ich in dauerhafter Zufriedenheit schwimme, manches hätte
ich schon auch gerne wie – irgendjemand anderer. Das darf auch sein, denn ich verstehe mich ja. Es ist nur ein Wunsch, aber es muss keine Erfüllung geben. Denn diese – würde nicht zu mir passen.
Als ich meinen Weg begann, war ich ganz tief unten, nichts stimmte mehr in meinem Leben. Gut, ich war erfolgreich, habe viel Geld verdient, hatte mir in meiner Branche
einen Namen erarbeitet, doch fehlte mir etwas.
Was, das habe ich mit der Frage, die meine Lehrerin mir stellte, erkannt.
Ich! Ich fehlte mir. So einfach.
Man verliert sich immer wieder mal im Leben – und findet sich wieder. Hat dazwischen vielleicht ein paar Federn gelassen. Aber man kann neu beginnen und hat wieder eine große Portion Erfahrung, vielleicht auch ein Quäntchen Weisheit erlangt.
Der Weg zur inneren Zufriedenheit führt über Selbsterkenntnis, und hat man es verstanden, lässt es einen authentisch werden. Natürlich kann man weiterhin
Vorbilder haben, nichts spricht dagegen. Man wird sie respektvoll anerkennen, aber
nicht mehr bewundern oder nachahmen. Nur … man braucht sie immer seltener.
Wenn man erkannt hat, dass man sein eigenes Vorbild sein kann.
»Ich bin wie ich bin und ich bin richtig, so wie ich bin.«
Man muss nicht meinen Weg gehen, um sich zu erkennen, es geht auch anders.
Doch ich glaube, man braucht dazu eine gewisse Abgeklärtheit im Leben.
Muss gelebt, erfahren und gestolpert sein. Aufstehen – Wunden lecken – neu beginnen und weitergehen. Das gehört zum Leben dazu.
Ich finde, das hier ist ein guter Weg zu sich. Es lohnt sich,
sich ab und zu mal zurückzuziehen und sein Leben zu reflektieren.
Sich zu fragen: »Bin ich das, was ich sein will?« »Fühle ich mich wohl mit mir, lebe
ich mich oder bin ich nur eine Marionette der Anderen?«
Diese Art der inneren Einkehr hilft, sich ganz objektiv zu sehen.
Dabei ist es sehr, sehr wichtig – ehrlich zu sich sein und nichts zu beschönigen,
auch wenn es noch so schwer fällt.
»Ich bin wie ich bin und ich bin richtig so wie ich bin.« »All meine Fehler, meine Stärken
und Schwächen, sind ein Teil meiner selbst.«
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