Lass den Himmel sich auf der Erde widerspiegeln,
auf dass die Erde zum Himmel werden möge - Rumi
Es lebte einmal ein großer, reicher König zu einer Zeit, in der noch alle Menschen
den hohen Berg kannten, auf dessen Gipfel die Tore des Himmels gebaut sind.
Bei all seinem Reichtum sehnte sich der König danach,
auch die Schlüssel zu den Toren des Himmels zu besitzen; aber keiner konnte sie ihm bringen. Eines Tage sagte ihm ein weiser Mann:
Alle Schätze der Erde kann man geschenkt bekommen, aber die Schlüssel zum Himmel - muss jeder selbst suchen!
Nun stieg der König selber auf den steilen Berg bis vor die Tore des Himmels.
Und sagte dem Engel, dem Hüter vor Gottes ewigem Garten: "ich finde keine Ruhe, bis ich nicht die Schlüssel zum Himmel besitze."
Der Engel lächelte und antwortete: "auf der Erde blühen viele tausend Himmelsschlüssel, die von Menschen zertreten werden. Wenn du die richtigen drei findest, die nur zu deinen Füssen und nur für dich aufblühen, kannst du die Tore des Himmels aufschließen."
Viele Jahre suchte der König und zertrat keine Himmelsschlüssel, doch nie blühte eine dieser Blumen vor seinen Füßen auf.
Eines Tages bettelte ihn ein schmutziges Mädchen an, das weder Vater noch Mutter hatte. Das Hofgesinde wollte das verwahrloste Kind zur Seite drängen, der König aber setzte es zu sich aufs Pferd.
In seinem Schloss ließ er es kleiden, speisen und pflegen.
Da blühte zu seinen Füßen ein kleiner, goldener Himmelsschlüssel auf.
Und der König ließ die Armen und Kinder zu seinen Brüdern und Schwestern erklären.
Wieder vergingen Jahre.
Da erblickte der König auf einem Ritt durch den Wald einen sehr kranken Wolf. Die Höflinge wollten ihn sterben lassen, aber er trug ihn in seinen Palast und pflegte ihn selbst gesund. Und der
Wolf wich nie mehr von seiner Seite.
Da blühte ein zweiter Himmelsschlüssel zu seinen Füßen auf.
Der König aber ließ von nun an alle Tiere in seinem Reich zu Brüdern und Schwestern erklären.
Wieder vergingen einige Jahre.
Der König spazierte in seinem Garten, in dem die seltensten Blumen wuchsen. Der Wolf und das Bettelmädchen begleiteten ihn, wie so oft. Da erblickte er am Wegrand eine kleine unscheinbare Pflanze, die nahe daran war zu verdursten.
"Ich will ihr Wasser bringen", sagte der König. Doch der Gärtner wollte ihn hindern:
"das ist Unkraut; ich will es ausreißen und verbrennen; es passt nicht in diesen königlichen Garten!"
Der König aber holte Wasser und die Pflanze begann wieder zu atmen und zu leben.
Nun blühte der dritte Himmelsschlüssel zu des Königs Füßen auf.
Und der König sah nun auf dem steilen Berge die Tore des Himmels weit, weit geöffnet.
Auch heute blühen diese drei Himmelsschlüssel noch und sie leuchten heller und schöner, als alle Edelsteine und Blumen der Welt.
Autor: Manfred Kyber
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